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Dokus und Filme über Hardcore & Punk – TeiL 2

Über die Sichtbarkeit von Frauen in der Rockmusik wird aus gutem Grund verstärkt diskutiert, meist wird das auf die Bühnenpräsenz bezogen. Wir verstehen das mit der Sichtbarkeit mal bewusst anders und weisen in diesem Artikel auf Filme mit und über Frauen in der Punkrock-Szene hin.

Fangen wir an mit der Zeit noch vor Punk: Mitte der Siebziger wurden mit Zutun des – vorsicht ausgedrückt – heute umstrittenen Produzenten Kim Fowley die RUNAWAYS gegründet und Joan Jett, Lita Ford, Jackie Fox und Cherie Currie wurden zu Rockstars. Regisseurin Floria Sigismondi inszeniert die Geschichte der RUNAWAYS 2010 in „The Runaways“ und machte aus der intensiven Geschichte der vier jungen Frauen einen leidlich gutes Biopic. Mit „Bad Reputation“ gab es 2018 dann einen Film, der Joan Jetts Sicht auf die Dinge wiedergibt, von den RUNAWAYS bis hin zu JOAN JETT & THE BLACKHEARTS.

Bleiben wir in Los Angeles, aber in den frühen 1980ern: THE GO-GO’S waren Pionierinnen in vielfacher Hinsicht: eine Frauenband mit selbst geschriebenen Songs, die sie auch noch selbst spielten! Damals war das noch eine Ausnahme, das Gegenstück zu den RUNAWAYS, die sich erst später emanzipierten. THE GO-GO’S wurden so für die USA das, was THE SLITS in UK waren, sie waren Wegbereiterinnen der Riot Grrrls. Allison Ellwoods Film „The Go-Go’s“ lief 2020 beim Sundance Festival, entstand in aktiver Zusammenarbeit mit der Band und deckt deren Geschichte bis ins Jahr 2019 ab.

Apropos SLITS: William E. Badgleys Doku „To Be Heard: The Story of The Slits“ wurde 2017/18 veröffentlicht und im britischen „Guardian“ mit diesen Worten abqualifiziert: „Eine gut gemeinte, aber langatmige, unfokussierte und unbefriedigende Dokumentation.“ THE SLITS wurde bereits 1976 von Ari Up in London gegründet, existierten in verschiedenen Besetzungen bis 1981 und dehnten damals schon die Vorstellung davon, was Punk ist und wie Punk klingt – und das mit einem explizit weiblichen Ansatz. Sängerin Ari Up rief 2005 eine neue Version der Band ins Leben, mit ihrem Tod 2010 endete deren Geschichte leider.

RUNAWAYS, THE GO-GO’S, THE SLITS – das waren inspirierende Vorbilder für die Riot Grrrl-Bewegung, als deren Pionierinnen die 1990 in Olympia im US-Bundesstaat Washington gegründeten BIKINI KILL gelten. Deren Sängerin und Songwriterin war Kathleen Hanna, die auch nach dem Ende der Band feministisch und musikalisch aktiv blieb, unter anderem mit LE TIGRE und als Julie Ruin. Mit „The Punk Singer“ widmete ihr die Filmemacherin Sini Anderson den 2013 veröffentlichten Dokumentarfilm, für den sie auf Material aus Hannas Archiv zurückgreifen konnte.

1985 gründete sich die All-female-Band L7 in Los Angeles und war bis 2001 aktiv, 2014 gab es eine Reunion. Mit „L7: Pretend We’re Dead“ erschien 2016 eine von Sarah Price gedrehte Doku über die Band, die sich dagegen verwehrte, als „girl band“ bezeichnet zu werden.

Schon von 1995 ist „Not Bad For A Girl“, eine Doku von Lisa Rose Apramian mit Schwerpunkt auf der ersten Hälfte der 1990er, die Courtney Love und Kurt Cobain cofinanzierten und in der u.a. HOLE, L7, LUNACHICKS, BABES IN TOYLAND, Joan Jett, BULIMIA BANQUET, 7 YEAR BITCH, BRATMOBILE und BIKINI KILL gefeaturet wurden. Kerri Koch dokumentiert im nur 40 Minuten laufenden „Don’t Need You“ aus dem Jahr 2005 die Geschichte der Riot-Grrrl-Bewegung. Unter anderem kommen Mitglieder von BRATMOBILE und BIKINI KILL zu Wort, Menschen vom Label Kill Rock Stars, aber auch Ian MacKaye von FUGAZI. Etwas spezieller ist der Ansatz von „Lost Grrrls: Riot Grrrl in Los Angeles“. Regisseurin Vega Darling beschäftigt sich in ihrem Film aus dem Jahr 2015 mit der Szene in Südkalifornien.

TRIBE 8 aus San Francisco standen immer irgendwie im Schatten zuvor erwähnter Bands, aber wer sie in den 1990ern mal live erleben durfte, war beeindruckt. In „Rise Above: The Tribe 8 Documentary“ aus dem Jahr 2004 erzählt Regisseurin Tracy Flannigan die Geschichte der Queercore-Band. Und auch THE GITS aus Seattle, die von 1986 bis 1993 aktive waren, standen immer etwas im Schatten jener „großen“ Bands. Mit der Ermordung ihrer Frontfrau Mia Zapata 1993 endete die Geschichte der Band, die erst durch den 2005 erschienen Film „The Gits“ von Kerri O’Kane wieder etwas mehr Aufmerksamkeit erfuhr.

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