PUNK-FESTIVALS 2024

Foto© by Kuckuck Artworks

Aufgeben ist keine Option

Festivals sind ein hartes Geschäft, ganz gleich, ob es um ein ehrenamtlich gestemmtes Open Air oder eine Veranstaltung geht, mit der jemand seinen Lebensunterhalt bestreitet. War es schon vor der Corona-Pandemie herausfordernd und anstrengend, so ein Festival zu organisieren und durchzuführen, haben sich seitdem die Anforderungen potenziert: (teilweise) Materialmangel, gestiegene Preise, zu wenig Leute, teils hohe Gagenforderungen, unkalkulierbare(re)s Wetter, verschärfte Auflagen ... und trotzdem Spaß dabei! Wir haben uns mal repräsentativ durchgefragt durch die Punkfestival-Landschaft, um die Stimmung für die Saison 2024 auszuloten. Unsere Fragen beantworten Sebastian Schunder vom Krach am Bach, Michael „Mike“ Russek vom Outside Rodeo, Daniel vom Back To Future und Jörg vom Apen Air.

2023 war für viele Festival-Veranstalter das zweite oder sogar das erste Mal nach Corona. Wie lief es für euch? Spürt man noch Auswirkungen?

Sebastian, KAB: Für uns war es in diesem Jahr, nach 2022, die zweite „richtige“ Edition des Krach am Bach-Festivals nach Corona. Im Sommer 2021 hatten wir bei zwischenzeitlichen Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus bereits ein spontanes kleineres Open Air Namens „Punk? What? Punk! Ok!“ auf unserem Gelände im Rahmen der damals geltenden Regelungen durchgeführt. Trotz der viel geringeren Größe war hier der Aufwand aufgrund der vielen zu beachtenden Vorschriften und Anforderungen aber fast genauso groß wie sonst. Nach der langen Durststrecke hatten wir und die Besucher:innen aber dennoch einen Riesenspaß mit den ersten Live-Konzerten nach fast anderthalb Jahren. Das Festival 2022 war für uns wie eine Wundertüte. Glücklicherweise konnten wir das geplante Line-up aus den Jahren 2020 und 2021 fast komplett wieder bestätigen, so dass auch viele Personen ihre bereits erworbenen Tickets behalten haben. Dies machte für uns die Kalkulation um einiges leichter. Das diesjährige Festival war für uns hinsichtlich der Besucherzahl und Größe unerwarteterweise das erfolgreichste seit unserem Beginn im Jahre 2006. Dementsprechend können wir uns in dieser Hinsicht nicht beschweren.
Mike, OR: Dieses Jahr lief alles eigentlich wie immer. 2022 war es sehr schwierig bei uns. Wir mussten wegen Bauarbeiten die Location wechseln und es waren unheimlich viele private Feiern wie Hochzeiten oder Geburtstage, die sich während Corona angestaut hatten, an unserem Festivalwochenende. Dazu kam noch die allgemeine Zurückhaltung unserer Besucher:innen. Finanziell ging das für uns als ehrenamtlichen Verein natürlich an die letzten Reserven.
Daniel, BTF: Alles in allem lief unsere Punkrock-Wellness-Party dieses Jahr bestens. Wir hatten super entspannte Bands, ein tolles Publikum, eine perfekte Crew und die Stimmung war riesig. Die Corona-Auswirkungen haben sich gegenüber 2022 nochmals geändert. Die Kosten haben sich in wirklich allen Bereichen erneut erhöht und der Vorverkauf lief ziemlich schleppend. Erst in den letzten Tagen zog der Ticketverkauf noch mal richtig an und wir hatten auch mehr Tageskassen-Zahler:innen als erwartet. Letztendlich waren wir „ausverkauft“, so dass wir am Donnerstag bereits Probleme hatten, die Besucher:innen auf dem Campinggelände zu platzieren. Dass es zu dieser Platzknappheit kam, hatte aber verschiedene Gründe, an anderer Stelle mehr dazu.
Jörg, AA: Wir haben 2020 und 2021 eine Zwangspause gemacht. 2022 lief es wieder wie in den Jahren vor Corona, mit ein paar mehr Besuchern, 2023 ebenso. Die Leute haben wieder Bock auf Feiern, das hat man auf jeden Fall gemerkt.

Mit welchen Gefühlen geht ihr in die Saison 2024? Zuversichtlich oder auch mit Sorgenfalten?
Sebastian, KAB: Wir sehen eher mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Über kurz oder lang wird sich ein Festival in unserer diesjährigen Größe wohl nicht mehr ehrenamtlich und gemeinnützig ohne Sponsoren, Förderungen oder dergleichen in einem geordneten Rahmen, mit gefragten Acts und zum derzeitigen Eintrittspreis durchführen lassen. Im Hinblick auf die Saison 2024 gehen wir somit bereits einen Schritt zurück und setzen unsere Besuchergrenze entsprechend nach unten, um ein bisschen abzuspecken. Der finanzielle Druck auf unseren gemeinnützigen Vereins sowie die Verantwortung gegenüber unseren Gästen ist hierbei in den letzten Jahren einfach zu groß für uns geworden, was uns letztendlich dazu bewegt hat.
Mike, OR: Wir denken eigentlich immer positiv und versuchen, aus allem immer das Beste herauszuholen.
Daniel, BTF: Grundsätzlich gehen wir zuversichtlich in das Festivaljahr 2024. Der Verkauf unserer auf 500 limitierten „Early Bird“-Tickets war innerhalb eines Tages durch, so schnell wie nie zuvor, und da hatten wir die Anzahl bereits um 100 Tix gegenüber den Vorjahren erhöht, ohne dass zu dem Zeitpunkt eine Band bekanntgegeben worden war. Das ist ein Vertrauensvorschuss unseres Stammpublikums, aber auch des neu akquirierten. Bisherige Alleinstellungsmerkmale wie unser Familiencamp zur musikalischen Früherziehung spielen da eine gewichtige Rolle, die Anmeldungen waren dieses Jahr so zahlreich, dass wir im Vorfeld aus Platzmangel bereits „ausverkauft“ melden mussten. Wir haben weiterhin viele neue Ideen im Team, die wir versuchen umzusetzen oder weiter auszubauen. Sorgenfalten bereitet dabei aber weiterhin die Preisentwicklung. Es wird auch schwer, in unserer Festivalgröße das Line-up aus diesem Jahr zu toppen beziehungsweise auf dem Level zu halten, zumal wir ja eher das Punkgenre mit dem gewissen „Stallgeruch“ bedienen.
Jörg, AA: Wir sind sehr zuversichtlich für das nächste Jahr, nachdem auch unser „Comeback“ 2022 und das letzte Apen Air sehr erfolgreich verlaufen sind.

Wie nachvollziehbar ist das Aufgeben mancher Festivals beziehungsweise Festivalmacher:innen?
Sebastian, KAB: Sehr nachvollziehbar, wir hadern ja auch jedes Jahr aufs Neue mit uns. In Bezug auf unser Festival ist es zum einen die finanzielle Verantwortung, die auf unserem Verein lastet und seit der Corona-Pause immer schwerer im Voraus kalkulierbar und absehbar ist. Zum anderen die enorm gestiegene Arbeit, die nur auf den Schultern von einer Handvoll ehrenamtlichen Leuten unseres Dorfes lastet, die das Festival monatelang planen, organisieren und bei uns im fränkischen Outback gemeinnützig durchführen. All dies kostet viel Kraft und ist in den letzten Jahren einfach in jeder Hinsicht stressiger geworden.
Mike, OR: Das ist absolut nachvollziehbar, für uns aber generell keine Option im Moment. Zur Not dann lieber eine Nummer kleiner.
Daniel, BTF: Mir ist zwar bisher kein konkretes Beispiel bekannt, dass Punk-Festivals aufgeben mussten, allerdings wäre es nachvollziehbar, wenn dem so ist. Mehrere befreundete Festivals sind dieses Jahr in finanzielle Schieflage geraten, trotz eines attraktiven Line-ups. Neu aus dem Boden sprießende Festivals und das Überangebot an tourenden Bands macht es auch für die gestandenen Festivals nicht leicht. Die Gäste müssen sich letztendlich entscheiden, welche Veranstaltung sie bei dieser Angebotsfülle überhaupt noch besuchen können. Meist sind dann die Festivals in subkulturell geprägten Regionen beziehungsweise in Gegenden mit einer größeren Bevölkerungsdichte gegenüber dem „Dorffestival“ auf dem flachen Land klar im Vorteil.
Jörg, AA: Das ist natürlich total gut nachvollziehbar, wobei das Aufgeben neben finanziellen viele andere Gründe haben kann, zum Beispiel behördliche Auflagen, Nichtverfügbarkeit des Geländes, Personalmangel und so weiter. Wenn finanzielle Gründe zum Aufgeben führen, hängt das sowohl vom eigenen Finanzierungskonzept als auch von äußeren Faktoren ab. Gestiegene Bandgagen, Mieten für Technik und Ausstattung des Geländes, Personalkosten – es summiert sich gerade ziemlich. Wenn man eine hohe Qualität bieten will, wirkt sich das natürlich besonders aus. Wir hören viel von abgesagten Festivals und das macht uns schon betroffen, weil es uns ja theoretisch auch treffen kann.

Wie geht ihr mit den Preissteigerungen um? Was ist besonders teuer geworden?
Sebastian, KAB: Wir versuchen, alles stets so eng wie möglich zu kalkulieren. Hauptsächlich Produkte zum Aufbau der nötigen Infrastruktur auf dem Gelände sind in den letzten Jahren preislich um ein Vielfaches gestiegen. Besonders ärgerlich sind hier Trittbrettfahrer, die ihre Preise unbegründet und ohne konkreten Zusammenhang nur aufgrund der allgemein steigenden Kostenentwicklung erhöhen.
Mike, OR: Wir versuchen unsere Preise zu halten. Dann lieber bei den Bands eine Nummer kleiner, was nicht heißt schlechter. Eigentlich ist inzwischen alles extrem teuer geworden. Das fängt beim Catering-Einkauf an und endet bei der Security und den Bands. Auch logistische Sachen wie zum Beispiel Biertischgarnituren, die es 2019 noch umsonst gab, werden inzwischen nur noch vermietet.
Daniel, BTF: Wir holen uns verschiedene Preisangebote ein und vergleichen diese, wir beantragen Förderung und rechnen diese ab. Das ist für einen gemeinnützigen Verein aber auch alles sehr zeitintensiv. Um es auch mal nach außen zu kommunizieren, es wurden bisher über die Initiative Musik ausschließlich Projekte innerhalb des Festivals gefördert und nicht die Veranstaltung an sich. Leider müssen wir die umfänglichen Preissteigerungen auch auf den Ticketpreis umlegen. Die Getränkepreise haben wir trotz der Kostenexplosion in den letzten vier Jahren stabil gehalten, eher ein Einzelfall in der Festivallandschaft. Besonders erhöht haben sich Künstler:innengagen, Bühnen-, Bühnentechnik- und Security-Kosten.
Jörg, AA: Wir haben lange Zeit versucht die Preissteigerungen abzufangen, aber nach Corona mussten wir die Ticket- und Getränkepreise etwas erhöhen. Auch die Kosten für Getränke, Technikmiete und Security haben ziemlich angezogen.

Wie werden sich die Ticketpreise 2024 entwickeln?
Sebastian, KAB: Wir sind sehr bestrebt, unsere Ticketpreise möglichst stabil zu halten.
Mike, OR: Wir werden wohl weiterhin die Preise vom letzten Jahr halten können. Sprich: 50 Euro im Vorverkauf für zwei Tage mit circa 14 Bands.
Daniel, BTF: In unserem Fall wird es eine geringe Steigerung geben, um 10 bis 15 Euro fürs Festivalticket im Vorverkauf. Dafür gibt es aber auch einige Bands mehr, im Schnitt liegen wir bei etwa 2,50 Euro pro Band. Eigentlich ein unglaublicher Preis, wenn man bedenkt, dass bei Clubshows 25 Euro und mehr für drei Bands mittlerweile Standard sind.
Jörg, AA: Generell werden sie kontinuierlich weiter steigen. Wir versuchen aber, das so gering wie möglich zu halten.

Wie wirken sich die höheren Produktionskosten aufs Programm aus? Hier und da sieht man ja bereits, dass nicht alle Festivals das Bieter-Rennen um die „dicksten“ Headliner mitmachen. Was ist eure Strategie?
Sebastian, KAB: Wir waren und sind ohnehin nie bestrebt, in vermeintlicher „Konkurrenz“ zu anderen Veranstaltungen einen Preiskampf über die Agenturen auszutragen. Wenn uns eine Band gefällt, verfügbar ist und die Rahmenbedingungen fair für beide Seiten sind, freuen wir uns, sie dabei zu haben, und erweisen uns als gute Gastgeber. Im Grunde setzen wir uns ein Rahmenbudget für alle Kostenstellen und versuchen im Booking die Bands zu holen, auf die wir wirklich Bock haben und die wir gerne mal im Steigerwald erleben möchten. Wer schon mal beim Krach am Bach zugegen war, weiß, dass es meist im Zelt bei den vermeintlichen unbekannteren Acts und Newcomern am meisten abgeht.
Mike, OR: Mit unseren Vereinsmitgliedern erstellen wir immer eine „Line-up Wunschliste“. Dann schauen wir, was möglich ist mit unserem Budget. Der Rest ergibt sich dann mit Bands, die auf Tour sind oder sich beworben haben. Wir achten auch immer darauf, dass wir mit anderen Festivals in der Gegend nicht in ein Bieter-Rennen kommen. Klappt leider nicht immer.
Daniel, BTF: Wir sind mit unserer maximalen Kapazität von etwa 3.500 Besucher:innen sowieso nicht mit den „dicksten“ Headlinern in Verbindung zu bringen. Meist sind es auch die Bands und deren Agenturen, die mit DIY-Punkrock nicht mehr allzu viel zu tun haben und doch eher auf die eigene Rentenabsicherung schielen und dafür ein zahlungskräftiges Spaßpublikum gefunden haben. Zum Teil sind die Gagen potenzieller Headliner für unser Festival innerhalb von zwei Jahren um das Dreifache gestiegen, eine Steigerung in dieser Dimension können wir allerdings auch nicht 1:1 auf den Ticketpreis umlegen. Dann bleiben wir doch lieber bei unserer Strategie und schauen nach passenden und bezahlbaren Bands, die dafür eher exklusiv zu erleben sind. Auch unser feines Händchen für internationale Newcomer wird von unserem Publikum lobend erwähnt.
Jörg, AA: Wir wollen gar nicht den „dicksten“ Headliner, sondern Bands, auf die die Leute Bock haben – und das ist nicht nur bei „großen“ Bands der Fall. Wir buchen so früh wie möglich, aber können nicht jeden Gagenwunsch erfüllen.

Ist es eine kostensenkende Option oder Strategie, vermehrt auf deutsche oder europäische Bands zu setzen statt auf solche etwa aus Nordamerika?
Sebastian, KAB: Es kommt bei den Produktionskosten meist darauf an, ob eine Band auf Tour ist oder wegen eines einzelnen Konzerts am Wochenende anreist. In dieser Hinsicht ist die Herkunft eigentlich ziemlich egal. Klar ist jedoch die Verfügbarkeit einer europäischen Band für ein Festival unserer Größe einfacher zu handlen. Wir würden wohl nie auf die Idee kommen, eine nordamerikanische Band extra einfliegen zu lassen.
Mike, OR: Wir schauen eigentlich immer auf die Qualität und nicht die Herkunft. Außerdem kann eine Band aus den USA oder Kanada durchaus günstiger sein als eine europäische Band, die vielleicht gerade einen guten Plattenvertrag bei Warner unterschrieben hat.
Daniel, BTF: Wir sind für diese Frage die falschen Ansprechpartner:innen. Wir setzen eher auf Bands aus Nordamerika, die dem Punkrock-Gedanken treu geblieben sind und auch unsere technischen Voraussetzungen nicht überstrapazieren. Diese kommen selten aus dem Mainstream und sind somit für uns noch bezahlbar. Eigentlich haben wir jedes Jahr einen gesunden Mix an Bands aus Übersee, Europa und Deutschland.
Jörg, AA: Wir haben fast ausschließlich deutsche Bands, tatsächlich aus Kostengründen und weil Ende Mai noch nicht so viele europäische oder amerikanische Bands in Deutschland unterwegs sind. 2024 haben wir mit BOOZE & GLORY mal eine Band aus England.

Wie sieht die Personalsituation aus? Gibt es noch/weiterhin akuten Mangel rund um die Bühne, bei Securities, an den Getränkeständen? Wie geht ihr damit um?
Sebastian, KAB: Unser Örtchen hat knapp 300 Einwohner und über 200 Personen davon sind beim Festival mit helfenden Händen in allen möglichen Positionen im Einsatz. Sei es im Getränke- oder Speisenverkauf, im Backstage, an der Bühne oder beim Auf- und Abbau. Viele Dorfbewohner fahren sogar die Punks am Sonntag nach dem Festival zum nächstgelegenen Bahnhof. Wir schätzen uns sehr glücklich, auf eine solche Community bauen zu können.
Mike, OR: Bei uns macht sich eigentlich nur das Alter langsam, aber sicher bemerkbar. Sonst sind wir, denke ich, ganz gut aufgestellt.
Daniel, BTF: Bei uns ist Punk sei Dank alles beim Alten geblieben, unsere Partner in Sachen Bühne und Technik wie auch Security sind immer noch dabei. Als Verein greifen wir auf unsere Mitglieder zurück, wie auch weiterhin auf viele Soloselbstständige und Volunteers.
Jörg, AA: Wir haben es vor allem bei der Bühne gemerkt, dass Personal fehlt. Daher haben wir selbst und mit unseren Helfern angepackt – aber ein Dauerzustand sollte das nicht bleiben. In den anderen Bereichen kommen wir noch gut aus mit unseren Helfern.

Hier und da kann man so eine Art „Konkurrenz“ beobachten zwischen ehrenamtlich gewuppten Festivals – mit entsprechend „günstigem“ Personal – und solchen, wo alle für ihre Arbeit entlohnt werden, und wieder anderen, die als „Cash Cow“ für internationale Konzerne dienen. Eure Gedanken dazu?
Sebastian, KAB: Unser DIY-Festival wäre ohne das ehrenamtliche Personal logistisch und finanziell einfach nicht im bisherigen Rahmen umsetzbar. Wir haben aber auch keinerlei Gewinnabsicht dabei, sondern stemmen den Arbeitsaufwand nur, weil wir Bock darauf haben und ein subkulturelles Angebot bei uns im Hinterland schaffen möchten. Dementsprechend möchten wir auch nicht im Konzert der größeren und kommerziellen Festivals mitspielen.
Mike, OR: Ich denke, die Besucher:innen können sich ja selbst ihr Festival aussuchen, auf das sie gehen wollen, und wie bei uns aktuell 3,50 Euro für die Halbe bezahlen oder auf ein kommerzielles Festival gehen und dann 6 Euro fürs Bier und 100 Euro für den Eintritt hinlegen. Als Konkurrenz sehe ich das aber nicht.
Daniel, BTF: Dazu werden wir uns nicht weiter äußern, es ist jedem Festival selbst überlassen, in welcher Form es sich aufstellt, ob als DIY-Vereinsfest oder als kommerzielles Festival als GbR oder GmbH, um damit den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Beides hat seine Berechtigung. Gefährlich wird es dann für alle im dritten Fall, nämlich dass immer mehr internationale Großkonzerne wie Live Nation oder CTS Eventim ihre Fühler nach szenetypischen Mainstream-Festivals ausbreiten. Die Folge kann dann sein, dass eine mögliche Headlinerband für Festivals in unserer Größenordnung aus Gebietsschutzgründen nicht spielen darf, da sie beispielsweise vier Wochen vorher nachmittags auf irgendeinem „Rock am ...“ auftritt.
Jörg, AA: Wir gehören ja zu denen, die die meisten Gewerke einkaufen und den Aufbau und das Catering über freiwillige Helfer organisieren. Ansonsten wäre das Festival nicht zu dem Preis veranstaltbar. Von internationalen Konzernen halten wir sowieso nichts. Wer viel Geld verlangt, soll auch anständig zahlen.

Wie geht ihr mit dem Thema Awareness um, was ist eure Strategie?
Sebastian, KAB: Ein durchdachtes Awareness-Konzept ist für uns eine der größten offenen Aufgaben, uns fürs nächste Jahr zu verbessern. Wir müssen auf jeden Fall die Präsenz von geschultem Ordnungs- und Team-Personal sowie Kontaktstellen auf dem gesamten Gelände erhöhen. Wir stehen auch schon in Kontakt mit verschiedenen Gruppierungen im Hinblick auf die Umsetzung einiger Ideen.
Mike, OR: Wir achten natürlich schon immer auf Awareness. Letztes Jahr hatten wir erstmals ein eigenes Team. Das werden wir dieses Jahr sicher noch perfektionieren.
Daniel, BTF: Das Thema ist dieses Jahr – neben sehr großem Anklang und Dankbarkeit – leider auch auf ablehnende Stimmen im Publikum gestoßen. Was uns zeigt, dass es umso wichtiger ist, die Awareness-Arbeit voranzutreiben, um auch denen zu zeigen, dass es nicht um Verbote und Einschränkungen geht, sondern darum, das Festival für alle Teilnehmenden zu einem diskriminierungsfreien Erlebnis zu machen. Bei unserem Punkrock-Wellness-Event sollen sich eben alle wohl fühlen. In dieser Hinsicht bemühen wir uns auch, weiterhin Barrieren abzubauen und inklusive Zugänge vor, auf und hinter der Bühne zu schaffen.
Jörg, AA: Wir arbeiten mit dem Awareness-Team von L’Unita-Security zusammen, die ein Konzept hierfür entwickelt haben. Wir halten das Team für extrem wichtig und wollen, dass sich alle bei uns wohl fühlen. Die Mitarbeiter sind auf dem Gelände unterwegs und können auch schnell gerufen werden. Wir sind froh, dieses wichtige Thema in professionelle Hände geben zu können.

Seid ihr als Veranstalter vorsichtiger geworden, nachdem es immer mehr Fälle gibt, in denen Festivals wegen Unwettern unterbrochen oder abgebrochen werden mussten? Wie sieht es aus mit Versicherungen, Notfallkonzepten, etc.?
Sebastian, KAB: Wir mussten erst in diesem Jahr unser Festivalprogramm aufgrund eines akuten Unwetters für eine kurze Zeit unterbrechen. Wir sind immer noch begeistert, wie zügig und geordnet die Kooperation, Räumung und das Verständnis aller Gäste nach den Durchsagen und Meldungen der hierfür verantwortlichen Mitarbeiterin unseres Teams abliefen und sind froh, dass niemandem etwas passiert ist. Das ausgearbeitete Konzept hat sich hier als sehr sinnvoll erwiesen.
Mike, OR: Ein Notfallkonzept gehört schon immer zu den behördlichen Auflagen unserer Veranstaltung und ist vorhanden.
Daniel, BTF: Eine bezahlbare Ausfallversicherung ist illusorisch. Wir haben die Unwetter eher in den Jahren 2007 bis 2009 erlebt, danach standen wir kurz vor der Aufgabe. 2019 mussten wir das BTF für etwa ein bis zwei Stunden unterbrechen, konnten dann aber weitermachen. Ein Notfallkonzept für jedes mögliche Szenario griffbereit zu haben, ist schwierig. Wir haben auf jeden Fall erste Maßnahmen in der Schublade, diese müssen dann aber auch situationsbedingt angepasst werden.
Jörg, AA: Bislang wurden wir verschont und hatten außer 2022 immer gutes Wetter. Der Blick aufs Wetter in den Tagen vorm Festival ist sehr wichtig, allerdings leben wir nicht unbedingt in einem unwetteranfälligem Gebiet. Es gibt natürlich ein Notfallkonzept und eine Versicherung.

Wie geht ihr mit den weiter steigenden Temperaturen um? Gibt es Vorkehrungen wie etwa Schattenplätze oder Trinkwasserstellen?
Sebastian, KAB: Da wir auch gerne das eine oder andere Getränk im Schatten genießen möchten, haben wir seit jeher unsere bekannten Zirkuszelte stehen, die sich besonders bei unserem Termin im Juli als sehr wichtig erwiesen haben. Ebenso bieten wir kostenlose Wasserstellen und Duschmöglichkeiten auf den Gelände an. Unsere Gäste dürfen natürlich auch Trinkwasser mit auf das Festivalgelände nehmen. Temperaturen von bis zu vierzig Grad machten in diesem Jahr auch einen Wasserschlauch zum Besprengen der Gäste vor der Bühne unentbehrlich.
Mike, OR: Wir organisieren immer genügend Sonnenschirme und verkaufen Wasser zu günstigen Preisen. Im Bedarfsfall geben wir Trinkwasser auch kostenlos aus.
Daniel, BTF: In unserer „Außenstelle“ Waldbad lässt es sich auch bei heißestem Wetter wunderbar mit Live-Musik aushalten. In unserer Food Area im Infield sorgen Sonnenschirme für Schatten und die Preise für Wasser an unseren Bars passen wir bei steigenden Temperaturen an, natürlich nach unten. Auf dem Zeltplatz stehen außerdem große Behälter mit Lösch- und Brauchwasser zur Verfügung.
Jörg, AA: Tatsächlich haben wir die Zahl der Schattenplätze vervielfacht, so dass man sich immer ein schattiges Plätzchen suchen kann. Bislang haben wir an heißen Tagen Wasser in Flaschen sehr günstig verkauft. Über Trinkwasserstellen denken wir auch nach.

Das Thema Nachhaltigkeit wird immer stärker in den Vordergrund gestellt. Was sind eure konkreten Maßnahmen?
Sebastian, KAB: Zuallererst fällt mir da ein, dass wir das wohl einzige Punk-Festival sein dürften, das nach wie vor seine Getränke in 1-Liter-Maßkrügen ausschenkt, haha. Das war zu Beginn durchaus aufgrund von Nachhaltigkeit und Logistik. Im letzten Jahr haben wir auf allen möglichen Dächern unseres Vereinsheims eine Photovoltaikanlage installieren können und produzieren so im Laufe des Jahres den von uns genutzten Strom zu 100% selbst. Gerne würden wir auch die Anfahrt zum Festival nachhaltiger gestalten, doch die Erreichbarkeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hat sich in den letzten Jahren eher noch verschlechtert. Wir versuchen jedoch über die sozialen Medien so gut es geht Fahrgemeinschaften zu organisieren.
Mike, OR: Wir arbeiten schon länger mit Mehrwegbechern und achten auch bei unseren Foodständen auf Nachhaltigkeit.
Daniel, BTF: Das ist auch für uns ein sehr präsentes Thema, und aus genau dem Grund freuen wir uns riesig, aktiver Teil eines wissenschaftlichen Förderprojekts namens „RSF/Ressourcenschonend Feiern“ zu sein. Ein Projekt, das unser Festivalgast Christoph als Wissenschaftlicher Geschäftsführer ins Leben gerufen hat. Das Ganze steht erst am Anfang und beteiligt ist ein Konsortium aus jeder Menge bekannter Forschungseinrichtungen, Universitäten und wissenschaftlichen Instituten sowie Festivals, Schaustellergewerkschaften etc.! Boah, wir sind schon ein bissl stolz, dass gerade wir als Punk-Festival ein Teil dessen sein dürfen und sind da erwartungsfroh. Wir hoffen, dadurch weitere Verbesserungen vornehmen zu können, die vorher aus finanziellen und/oder logistischen Gründen nicht umsetzbar waren. Einen weiteren großen Einfluss auf die CO2-Bilanz hat die Anreise des Publikums. Wir haben 2023 festgestellt, dass diese mit immer mehr und auch größeren Fahrzeugen und Anhängern erfolgt. Wir sind aktuell auf der Suche nach Möglichkeiten, umweltfreundlichere Alternativen attraktiver zu gestalten, um die enorme Fahrzeugschwemme einzudämmen. Wir können es aber auch niemanden verübeln, wenn man die drei Festivaltage „altersgerecht“ im Wohnmobil oder Wohnwagen nächtigen möchte. Allerdings stehen wir erstmals an dem Punkt, eine KFZ-Gebühr für den Zeltplatzbereich zu verlangen, da wir dieses Jahr kurzfristig neue Flächen erschließen mussten.
Jörg, AA: Wir setzen beim Thema Nachhaltigkeit schon seit einigen Jahren immer mehr Dinge um. Angefangen damit, die Massen an Müll, die auf einem Festival anfallen, zu reduzieren, indem wiederverwertbare Produkte eingesetzt werden, bis hin zu regionalen Foodständen, um auch die Gemeinde zu unterstützen. Alles umzusetzen, was man sich vorstellt, ist von jetzt auf gleich leider nicht so einfach, da es auch durch die Inflation ein großes Thema ist, was hier finanziell auf einen zukommt. Deswegen versuchen wir, Sponsoren zu gewinnen, die uns bei der Umsetzung helfen, und sind froh, dass es schon viele regionale Unterstützer gibt, die das alles genauso sehen wie wir und uns tatkräftig unter die Arme greifen.

Wie wird sich die Festivallandschaft eurer Einschätzung nach in naher Zukunft verändern?
Sebastian, KAB: Die kommerzielle Festivallandschaft wird sich meiner Meinung nach wohl so verändern, dass ein paar wenige Big Player den Markt dominieren und es aufgrund von vermeintlicher Attraktivität bei Line-up, Organisation, Rahmenprogramm und Preis/Leistung den kleinen und mittelgroßen regionalen Festivals um ein Vielfaches erschweren werden, sich angesichts des Preisdrucks über Wasser zu halten. Richtige Punkbands organisieren sich vermehrt subkulturell und in kleinerem Rahmen. Mir persönlich ist es eine Nummer kleiner sowieso lieber, dafür aber mit mehr Authentizität.
Mike, OR: Aktuell besteht ja ein Überangebot an „kleineren“ bezahlbaren Bands, die echt Laune machen. Dadurch wird es auch weiterhin gute DIY-Festivals geben. Bei den „großen“ Festivals kann man gespannt sein, wie lange die Leute die Preise noch akzeptieren.
Daniel, BTF: Ich schaue mal in meine Glaskugel: In naher Zukunft wird sich nicht allzu viel ändern. Mittelfristig wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Für alle neuen Festivals wird es schwer, kostendeckend zu arbeiten. Langfristig wird es die großen Player geben und dann nur noch Nischenfestivals bis maximal 3.000 Besucher:innen, die sind allerdings auch immer die schönsten.
Jörg, AA: Zunächst einmal werden Themen wie Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Awareness weiterhin mehr in den Vordergrund rücken. Die Festivallandschaft hat sich zumindest in den Jahren vor Corona sehr verdichtet, mittlerweile sind einige Veranstaltungen wieder von der Bildfläche verschwunden, was sehr bedauerlich ist. Insgesamt gibt es aber viel mehr Festivals als vor zehn, zwanzig Jahren, so dass es mehr innovative Konzepte brauchen wird, um sich von der Masse abzuheben. Die Global Player können die massiven Kostensteigerungen der letzten Jahre wohl besser auffangen als ein kleineres Festival. Ein kleines Festival wie das Apen Air besteht auch nach acht Jahren nur deshalb, weil viele ehrenamtliche Helfer und langjährige Partner und Sponsoren aus der Region uns unterstützen. Die Gemeinde Apen nimmt das Festival sehr positiv auf und unterstützt uns ebenfalls großartig.

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SAVE THE CORE
Neustart in Nürnberg


2017 hat sich Steffen Rose den Traum von einem eigenen Punk- und Hardcore-Festival erfüllt. Bis dahin kannte man ihn unter dem Namen Navigator Productions vor allem als Veranstalter von Einzelshows in Schweinfurt, Würzburg oder Frankfurt. In Zusammenarbeit mit der Manfred Hertlein Veranstaltungs GmbH hatte er vor sechs Jahren das Mission Ready aus der Taufe gehoben. Drei Jahre lang war das Ein-Tages-Open-Air in Giebelstadt bei Würzburg erfolgreich. Dann kam Corona und das Festival musste dreimal abgesagt beziehungsweise verschoben werden. 2023 fand das Mission Ready wieder statt, allerdings ohne Steffen Rose. Jetzt hat er ein neues Festival angekündigt. Das heißt Save The Core und findet am 6. Juli 2024 in Nürnberg statt.

Was ist für die Save The Core-Premiere geplant?
Der Vorverkauf läuft inzwischen und wir haben mit BAD RELIGION, PRO-PAIN und TALCO auch schon die ersten Bands angekündigt. Das Festival ist eine Veranstaltung vom Concertbüro Franken aus Nürnberg, von dem Navigator Productions inzwischen offiziell ein Teil ist. Seit der Corona-Krise hat sich Navigator mit dem Concertbüro Franken zusammengetan und wurde dort integriert.

Das heißt, du bist nicht mehr selbstständig, sondern Angestellter beim Concertbüro Franken?
So ist es. Ich bin dort angestellt, bekomme mein monatliches Gehalt und arbeite von Würzburg aus. Im Grunde mache ich fürs Concertbüro Franken das Gleiche, was ich bisher unter dem Label Navigator Productions gemacht habe. Ich habe gemerkt, dass es für mich allein immer schwieriger wird. Gerade der Neustart nach Corona war alles andere als einfach. Es gab schon immer gemeinsame Veranstaltungen mit dem Concertbüro Franken, das hat sich einfach verdichtet und seit einem Jahr funktioniert die Zusammenarbeit super.

Lass uns übers Save The Core reden. Das Festival trägt eindeutig deine Handschrift, so wie zuvor das Mission Ready. Erklär doch mal das Konzept, du hast ja sehr klare Vorstellungen von einem Festival.
Wir setzen mit dem Save The Core ganz klar auf die frühe Phase von Punkrock und Hardcore. Das bedeutet Bands, die ihren Ursprung in den späten Achtzigern oder frühen Neunzigern haben. Das sieht man an BAD RELIGION oder PRO-PAIN, die im letzten Millennium angefangen haben und auf eine lange Karriere zurückblicken können. Das sind alles Bands, die sehr stark in die Szene integriert sind. Das ist also ein Nischenfestival, bei dem wir uns ungefähr ausrechnen können, mit welchem Publikum wir zu rechnen haben. Viele Punkrocker sind inzwischen Ü50, deshalb haben wir auch schon Anfragen, ab welchem Alter Kinder mit aufs Gelände dürfen.

Wie ist der Ablauf geplant? Beim Mission Ready gibt es zwei Bühnen, eine für Punkrock und eine für Hardcore.
Wir werden mit weitaus weniger Bands arbeiten als beim Mission Ready, weil wir definitiv nur eine Bühne bespielen werden. So können wir dem Publikum auch mal Zeit geben, ganz entspannt eine halbe Stunde keine Dröhnung auf die Ohren zu bekommen. Das honorieren viele Besucher, die einfach diesen Overload von den riesigen Open Airs nicht mehr ertragen. Die nicht mehr bereit sind, zwanzig oder mehr Bands über sich ergehen zu lassen. Deshalb arbeiten wir ganz straight mit sieben Bands. Wir fangen am frühen Nachmittag an, die erste Band wird gegen 14 Uhr spielen. Allerspätestens um 23 Uhr wird Schluss sein, damit die Besucher immer noch die Möglichkeit haben, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause zu kommen.

Wie wird das Drumherum aussehen, also abseits der Bühne?
Der Hauptfokus soll auf der Musik liegen. Klar wird es die genannten Stände geben, aber sonst legen wir Wert auf ein pures Festival. Es wird keine großen Ablenkungen geben, das ist auf diesem Gelände auch gar nicht machbar. Bühne, Essensstände, ein kleiner Biergarten und sieben Bands zur Unterhaltung. Möglichst schlank gehalten. Dieses Gelände am Stadionpark gibt es auch noch gar nicht so lange. Es wird sich herausstellen, was auf dort möglich ist und was nicht. Dann werden wir entschieden, wie das Upgrade für das Jahr 2025 aussehen wird.

Großer Kritikpunkt beim Mission Ready in Giebelstadt war immer, dass das komplette Gelände betoniert ist, ähnlich wie beim Vainstream in Münster. Das wird bei großer Hitze fast unerträglich. Wie wird das beim Save The Core sein?
Das Gelände in Nürnberg ist sehr grün, es ist von drei Seiten mit Bäumen umgeben. Die spenden zumindest ein bisschen Schatten am Rand. Das ist eine halb-begrünte Fläche, die normalerweise ein Parkplatz ist. Die gehört zum Stadiongelände, deshalb haben wir direkt daneben sehr viele Parkplätze, die wie nutzen können. Und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man praktisch bis direkt vors Festivalgelände. Als Nürnberger braucht man also kein Auto, um zum Save The Core zu kommen.

Mit wie vielen Besuchern rechnet ihr denn?
Das Gelände fasst 8.000 Leute, aber das ist am Anfang völlig utopisch. Es ist sehr viel Arbeit, ein neues Festival zu installieren und in die Köpfe der Leute zu bekommen, dass es da was Neues gibt. Ich kann so viel sagen: Der Vorverkauf ist sehr positiv gestartet. Die ersten Tickets wurden vergünstigt in zwei Stufen als „Pure Punk Bird“ und „Early Punk Bird“ angeboten. Beide Ticketstufen waren limitiert und sind nacheinander in den Vorverkauf gegangen. Die waren binnen kürzester Zeit weg. Die Reaktionen der Leute auf unser neues Angebot waren sehr gut.

Du hast viele Jahre Konzerte in Schweinfurt, Würzburg und Frankfurt veranstaltet. Welches Potenzial hat Nürnberg für so ein Festival?
Dadurch, dass ich in den letzten fünf Jahren verstärkt Shows in Nürnberg organisiert habe – im Hirsch, im Löwensaal oder im Z-Bau –, schätze ich das Potenzial im Ballungsraum Nürnberg, Fürth und Erlangen sehr positiv ein. Das urbane Zentrum von Nürnberg hat ein riesiges Einzugsgebiet. Ich habe gemerkt, die Leute wollen so ein Festival so nahe wie möglich an ihrem Zuhause haben. Und ein Festival mitten in der Stadt können nur sehr wenige Kommunen anbieten. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass die Stadt Nürnberg nach Rock im Park noch weitere Festivals auf dem Gelände am Stadion zulässt.

Das Mission Ready war deine Idee, du hast es zusammen mit einer Konzertagentur aus Würzburg auf die Beine gestellt. Das Festival wird es künftig ohne dich geben, dieses Jahr eine Woche vor dem Save The Core. Was sagst du dazu?
Zum Mission Ready möchte ich gar nichts sagen. Da bitte ich um Verständnis.

Du hast erwähnt, dass du inzwischen beim Concertbüro Franken fest angestellt bist. Bedeutet das, du verlegst deine Aktivitäten jetzt noch mehr nach Nürnberg?
Oft liegt es gar nicht in meinem Ermessen, wo eine Show stattfindet. Das legt oft die Künstleragentur fest. Die bieten mir einen Künstler oder eine Band an, mit der Auflage, das Konzert in Nürnberg zu veranstalten. Weil der Booker die Band mehr in Nürnberg sieht als in Schweinfurt. Das trifft bei verschiedenen Künstlern auch einfach zu, muss ich sagen. Das hängt vor allem mit dem Einzugsgebiet und den erhofften Besucherzahlen zusammen. Bei manchen Künstlern ist es aber auch egal, wo sie auftreten. Die funktionieren überall. Beim Stattbahnhof in Schweinfurt bin ich an ein gewisses Fassungsvermögen des Saals gebunden. Im Concertbüro Franken kann ich es intern zwischen dem Löwensaal und dem Hirsch hin und her schieben, wie ich es eben brauche. Ich kann je nach Bedarf ein größeres oder ein kleineres Venue wählen. In Nürnberg gibt es außerdem zwei Radiostationen und fünf Zeitungen oder Stadtmagazine. Das ist für den oder die Künstler natürlich attraktiver.

Heißt das, du machst in Zukunft weniger Shows im Stattbahnhof in Schweinfurt?
Ich werde künftig gezielter darauf schauen, wo ich was veranstalte. Außerdem muss ich abschätzen, wie viele Shows ich einer Stadt wie Schweinfurt zumuten kann. Es ist gar nicht so einfach, so viele Konzerte dort mit dem nötigen Personal sauber abzuwickeln. Viele Clubs sagen mir inzwischen, dass sie es gar nicht schaffen, so viele Veranstaltungen durchzuführen. Mit manchen Produktionen sind sie in Schweinfurt überfordert. Wenn drei Nightliner mit vierzig Mann kommen, weiß ich nicht mal, wo die parken sollen. Oder ich bekomme das Material, das die dabeihaben, gar nicht auf die Bühne. Aber natürlich wird es weiter auch Shows in Schweinfurt geben. Mein Herz hängt am Stattbahnhof. Da ist für Frühjahr 2024 schon einiges geplant.