HAMMERHEAD: Thomas Ginter

Foto© by Thomas Ginter

Der sechste Hammerhead

Er ist der Schattenmann von HAMMERHEAD. War früher immer mit dabei, spielte aber nicht mit. Er erfand das Logo der Band, schuf daraus Artworks, Flyer, Poster ... und hat das Cover des neuen Albums „Nachdenken über Deutschland“ gestaltet. Zeit für ein paar Fragen.

Bitte stell dich vor.

Ich bin Thomas. HAMMERHEAD-Fans kennen mich vielleicht als „Ginti“. Ich mache seit den späten Achtzigern das Artwork für die Band. Meine Hobbys sind Tischtennis und brutale Schlägereien mit deutschen NYHC-Bands.

Headbert beschrieb dich mir gegenüber als das „sechste Bandmitglied“. Eine zutreffende Aussage?
Er meinte an anderer Stelle mal, ich sei eine Art Wurmfortsatz der Band, ähnlich einem Blinddarm. Die Band und ihr Umfeld waren immer derart ambitionslos, dass es eigentlich egal war, wer ein Instrument bediente und wer mit Bierflasche in der Hand im Weg rumstand.

Headbert beschrieb deine Rolle so, dass du zwar nicht musikalisch in der Band aktiv warst, aber auf Tour dabei warst und mit deinem Humor prägend für die Band. Wie erinnerst du das?
Ob ich prägend war, weiß ich nicht; wahrscheinlich haben wir uns alle die ganze Zeit gegenseitig geprägt, denn wir hatten ja nix. Im Fernsehen kam ständig Helmut Kohl und statt des Internets gab es nur fotokopierte Fanzines in DIN A5. Irgendwelche Dinge haben uns vermutlich verbunden. Das war teilweise Humor, aber auch insbesondere die Ablehnung von allem Möglichen. Und natürlich Langeweile; davon gab es wirklich reichlich, da wo ich herkomme. Entsprechend penetrant war ich bei allem dabei. Ich stand unvermittelt mit im Proberaum, saß auf einmal mit im Bandbus und nahm mir ständig ungefragt Bier aus irgendwelchen Jugendzentrums-Kühlschränken. HAMMERHEAD waren immer eine kurzweilige Band, verglichen damit, wie öde und bieder die damalige deutsche HC-Szene war.

Wie kam einst dein Kontakt zur Band zustande?
Die meisten Bandmitglieder kannte ich schon, bevor es die Band gab. Tobias und ich sind in einer unbarmherzigen, menschenfeindlichen Hölle namens Westerwald aufgewachsen. Dort waren wir umgeben von schnauzbärtigen Autotuning-Prolls in Cowboystiefeln. Irgendwie lernte man sich wohl zwangsläufig kennen, wenn man da nicht reingepasst hat. Na ja, Ron und Headbert kannte ich irgendwie über Tobias, später dann Daniel über Ron, da gab es die Band bereits. Oliver kannten wir aus dem AK47 in Düsseldorf, was für uns damals so etwas war wie für Vinnie Stigma das CBGB’s.

Von dir stammt das „Hammerhead-Männchen“. Was für eine Geschichte gibt es zu Namen und Logofigur?
Wer damals mit dem Bandnamen ankam, weiß ich nicht mehr genau; Tobias oder Ron vielleicht. Heute würde man kurz auf Google schauen, ob nicht bereits acht andere Bands denselben Namen verwenden, aber das ging damals nicht. Der Hammerhead als Figur ist denke ich selbsterklärend. Die ersten Zeichnungen zeigten ihn in so heroischen idealisierten Posen. Schnell wurde aber klar, dass er trotz aller Muskeln und physischer Imposanz bei fast allem, was er tut, ziemlich bescheuert aussieht. Insofern steht er sinnbildlich für das Ying und Yang von HAMMERHEAD; nämlich die brutale Krassheit und gleichzeitig das Menschliche, das die Band immer ausgezeichnet hat.

Es soll mal Ärger gegeben haben wegen eines Graffitis, wo dein „Hammerhead“ das RYKER’S-Logomännchen verprügelte ...
Vor dem Hintergrund der aktuellen Kriege in der Welt möchte ich den HAMMERHEAD-RYKER’S-Konflikt an dieser Stelle nicht weiter anheizen. Ärger haben damals witzigerweise nur Ron und Tobias abbekommen, ich nicht. Na ja, war wohl nicht so schlimm, beide haben es jedenfalls überlebt; ich fürchte das RYKER’S-Männchen aber leider auch. Repression, Zensur und Gewalt konnten HAMMERHEAD zum Glück nie stoppen.

Du bist auch sonst gestalterisch für die Band tätig gewesen. Was ist von dir?
Der gezeichnete Hammerhead wurde über die Jahrzehnte maximal strapaziert für Poster, T-Shirts, Kopfkissenbezüge und Tattoovorlagen. Darüber hinaus habe ich diverse Plakate und Flyer, ein paar Platten-Cover und das Cover für Headberts DVD-Doku gemacht. Wenn es nicht gezeichnet war, dann waren das meist Collagen, früher mit Schere und Pritt-Stift, später digital. Ein paar Sachen wie das Booklet der ersten LP sind auch gemeinsam mit der Band entstanden. Für die Grobmotoriker hatten wir vorne abgerundete Bastel-Scheren besorgt, damit sich niemand verletzt.

Was hat es mit dem Cover zur neuen Hammerhead-LP „Nachdenken über Deutschland“ auf sich?
Ursprünglich sollte das Cover eine mäßig bekannte deutsche Burg zeigen. Leider drohte die dort ansässige Gräfin aufgrund der Abbildung juristische Schritte bzw. „empfindliche Geldstrafen“ an. Wir änderten das Motiv daher kurzerhand zu einer modernen KI-generierten Fantasie-Burg, die zum Glück tausendmal geiler aussieht als die marode veraltete Burg vorher. Der Atompilz dahinter kann als Kritik an Deutschland, dem deutschen Adel und sämtlichen herrschenden Zuständen verstanden werden.

Auf deiner Webseite beschreibst du deine aktuelle Tätigkeit als „UI / UX Designer working in Berlin“. Willst du was zu deinem beruflichen Werdegang sagen und inwiefern die frühe grafische Betätigung für HAMMERHEAD letztlich was damit zu tun hat?
Erstaunlicherweise kann ich von HAMMERHEAD-Zeichnungen nicht leben. Ich bin ausgebildeter Grafikdesigner und arbeite in irgendwelchen modernen Berufen, deren englische Fantasiebezeichnungen dauernd wechseln. Es ist leider vollkommen unmöglich, diese Tätigkeit Eltern oder Ox-Leser:innen zu erklären. Mit HAMMERHEAD hat das jedenfalls nichts zu tun.